back to Sarajevo Site

 

Roter Himmel Grüner Mond

ein erläuterndes Theaterstückchen

MokkaTheater

Sputnik-Mokka Rat tagt im Elfenbeinturm. Mitspieler: Studi: Vertreter der studentischen Selbstverwaltung. Macher: Praktiker, Techniker, Feldforscher aus der Flußschleife. Ökonom: Wirtschafter aus der Kaserne. Denker: Philosophenviertel mit introvertierten Denkhöfen für die reine Theorie. Extrovertierter Orgiast: Kunst, Emotion, Darstellung und Schaffen. Scientist: Progressiver Wissenschaftler, Laborant. Elfenbeinturm: Koordinator

Studi: (euphorisch) He Leute, ich habe eine Idee!

Macher: (gefrustet) Oh Gott, das gibt wieder was...

Ökonom: (zweifelnd) ...ob es wohl diesmal was bringt?

Denker: (gedankenverloren) Sie meinen eine im ursprünglichen Sinne orginäre Idee? (You mean, an idea in the originate sense of it?)

ExOrg: (sehr neugierig) Zeig mal her!

Scientist: (interessiert) Um was geht es denn?

Studi: (sachlich bemüht) Wir haben doch jetzt soviele ausländische Studenten, die unseren Mokka so mögen. Vielleicht könnte man ja mit unseren Sputnik-Cafés zusammen daraus einen Exportschlager machen. Eine Fertigmischung als Souvenir...

Denker: (angewidert) Exportschlager?! (überzeugt zweifelnd) Kapitalistische Maxime als Triebfeder einer Bildungsgesellschaft? Zudem würden wir uns sicherlich mit dem Vorwurf unserer (ironisch) "religiösen Freunde konfrontiert sehen, unter dem De(n)ckmantel der OPUS Suchtmittel zu verbreiten, dem Verfall der Sitten und hedonistischen Triebe Vortrieb zu......

Macher: (fährt frustriert dazwischen) Ich wette, letztendlich gerät alles auf die nationale Schiene und alle streiten sich nur wieder, ob orientalischer Mokka eine bosnische Universität repräsentieren kann.

Scientist: (besserwisserisch) Der Brauch des Kaffebohnengenusses leitet seinen Ursprung nicht von der Türkei ab. Fast alle konsumierenden Nationen können Kaffee nicht als historisch nationales Erbe betrachten. Die Globalisierung und die damit einhergehende Distribution von Konsumgütern, sich in ihrer Frühphase schon zu Zeiten des imperialistischen Kolonialismuses abzeichnend, ist per Definitionem international....

ExOrg: (um Aufmerksamkeit ringend) Leute, Leute! (redet sich langsam heiß) Was soll denn dieses Phrasengedresche? Es geht hier um ein Getränk. Unseren Mokka. Café-Haus-Atmosphäre. Das Schwelgen auf dem Divan. Heiterer bis wollüstiger Genuß. Erinnerungen an abendfüllende Gespräche. Ein Hauch von sentimentalem Spiel der Sinne. Besucher lassen etwas von ihrem Herzen bei uns zurück und wir schenken ihnen dafür ein kleines Stückchen nostalgischer Träume und Sehnsüchte...

Ökonom: (belustigt genervt) Um mal wieder auf den Boden der Tatsachen zurückzukommen. Was soll denn unseren Kaffee von anderem Kaffee unterscheiden und begehrenswert machen?

Denker: (leicht empört dozierend) Wollen Sie tatsächlich so unverblümt und ausschließlich dem Einfluß hedonistischer Denkstrukturen nachgeben? Kann denn ein durch subjektive Wahrnehmung relativierter Vorgang der Nahrungsaufnahme repräsentativ für ein möglicherweise objektiv inadaequates Wirklichkeitsbild einer eventuell totaldifferenten Existenzpartition sein? (Kann unsere Universität durch ein Genußmittel auch nur annähernd holistisch dargestellt werden?)

Ökonom: (entnervt) Müssen wir denn Kaffee wirklich so hintergründig analysieren, sicherlich steht doch die Gewinnmaximierung unter Wahrung der Coprporate Identity von OPUS im Vordergrund, oder?

Studi: (beschwichtigend) Hey, hey! Es ging mir lediglich darum, daß es Ehemaligen und Gästen gefallen könnte, ihren Lieblingsmokka auch zuhause trinken zu können. Und wir könnten ihnen dabei entgegenkommen, den heiß ersehnten Wunsch erfüllen und dabei auch noch ein bischen Kohle machen. Macher: Ich möchte dennoch einwenden, daß Kaffee nicht gerade das Hauptprodukt unserer Bauern ist, Afrika liegt etwas weiter südlich, auch wenn der politische Alltag anderes vermuten ließe...

Scientist: (eifrig) Sicher, sicher, aber neben dem Rohstoff spielen noch andere Faktoren eine Rolle: Offenbar ist die Wahl des Zuckers und des Wassers von Bedeutung. Unsere Röstungsmethode ist zudem etwas Besonderes. Entscheidend ist nach letztem Stand unserer Untersuchungen die Anreicherung mit Spurenelementen bei dem Vorgang der Röstung, die überproportional die Geschmacksrezeptoren intensivst...

ExOrg: (wichtig) Das ist doch nun wirklich keine Überraschung. Jedermann weiß, unser Mokka ist die Crème de la Crème der Mokkas dieser Welt. Aber versucht blos nicht mich zu Retortenzeug zu überreden. Mir sträuben sich schon die Haare und fällt die Zunge ab, wenn ich nur an diesen genmanipulierten Pulvermukkefuck von diesem Mischkonzern denke. Allein der Gedanke, man könnte unseren Göttertrunk so...

Macher: (fügt sich) Ok, Ok, wir haben verstanden. Unsere Röstereien bekommen das schon hin, technisch alles kein Problem. Aber wieso soll der Kaffee, tschuldigung, Mokka, besser gehen als der, den wir hier ohnehin produzieren?

Ökonom: Nun, mit ausreichend Publicity kann jedes Produkt allein über seinen Markennamen Kunden binden und einen Kundenkreis über angemessene Medienpräsenz auch vergrößern.

ExOrg: (begeistert) Ich sehe schon die vollendete Packung vor Augen. Als Logo die Banderole der Sputnikcafés. Roter Himmel-Grüner Mond. Rauhes Packpapier als Untergrund. Expressive Bauchfarben. Da muß das ganze Leben rausschreien, das muß aufwühlen, Emotionen freisetzen. Das innere Auge muß sofort die Assoziationen zusammensetzen, die Erinnerungen wach rütteln, die Seele jauchzen...

Scientist: (betont sachlich) Wir starten gleich mal eine Versuchsreihe. Vermutlich sollten wir nämlich einheimischen Zucker beimischen, die kristalline Struktur und das Potential zur Osmose konserviert das Aroma besser und der Zucker kann Träger weiterer orginärer Aromen sein, wenn er ausschließlich aus einheimischen Produkten...

Macher: Wir betreiben dann noch etwas Feldforschung, untersuchen, wo es den besten Mokka gibt. Nicht daß es letztlich nur am Café-haus-Standort liegt. Vielleicht ist Methode der Zubereitung, das Rezept ja entscheidend.

ExOrg: (überschlägt sich)Klar! Natürlich!! Eine Rezeptur auf der Rückseite. Die haptische Bearbeitung, vor den Gästen zelebriert, die selbstständige Aneignung des Vorgangs mit Hilfe eines Zeremoniells gehört unbedingt dazu...

Denker: (gedankenverloren lächelnd) Vielleicht ist die Überlegung gar nicht so abwegig, daß der zu scheinbar objektiven Urteilen fähige Geist sich subjektiver Rezeption der Sinne unterwirft. Dann könnten die Assoziationen, die der Genuß unseres Mokkas im Ich hervorruft, das Über-Ich durch unbewußte Manipulation dazu bewegen, wieder hierher zu kommen. Der objektive Anlaß, ein Kongress oder Aufbaustudium, der berühmte OPUS-Diskurs, unterläge dann subjektiven Prämissen, die als Ergebnis wiederum objektiv eine Diskursteilnahme bewirkten, selbstverständlich immer vom körperlichen Mokkagenuß begleitet, bewußt oder unbewußt...?.

Studi: Ich nehme an, die Testphase bleibt wieder an uns Studenten hängen und wir sollen unsere Sputniks ersteinmal starten und die Koordination leiten. Apropos, was sagt denn eigentlichder Elfenbeinturm dazu...?

Elfenbeinturm: Möchte noch jemand etwas Mokka...

Prozessgrundideen:Politische Unabhängigkeit, Finanzielle Unabhängigkeit und auch eine ideologische oder bildungspolitische Unabhängigkeit; soll als Kontrollinstanz die internationale Bildungspolitik und Finanzpolitik einsetzen, um dem politischen Alltagsdruck und propagandistischem Mißbrauch zu entgehen. Keine Zensur, Prozesshaftige Entwicklung der Uni; Selbstorganisatorischer Vorgang; Lernmilieus-Stadtcluster Potentiale; Eingehen auf Potentiale und Keime, die sich in der Stadt finden